Shakespeare in Love

von
André Wyrwa

Shakespeare's Werke waren ja in den letzten Jahren beliebtes Material für Kinofilme. Nun hat sich John Madden dem Künstler selbst gewidmet und ihm eine schwungvolle Liebesstory spendiert. Dabei erspart er es sich und dem Publikum, seinen Helden schwülstige Redensarten beizulegen, macht sie stattdessen durch einen freizügigen Jargon vertraut und bereichert ihre Rollen mit allerlei Schwung, Witz und Komik. Der Stand der Dichter und Schauspieler wird mit liebevoll sympathischen Zügen versehen, deren bester der der Verspieltheit ist.

Shakespeare (Joseph Fiennes) ermangelt es an Ideen, er wähnt sein Talent verloren und ist auf der Suche nach einer Muße, die seine Feder wieder beflügelt. An Gespielinnen fehlt es ihm nicht, jedoch ist es nur die wahre Liebe, die seine Worte wieder tanzen lassen kann.

Noch während er nach dieser sucht, erhält er den Auftrag, eine Komödie zu schreiben, den er gleich von zwei Geldgebern annimmt. Damit wissen wir nicht nur unseren Helden gemäß dem Mythos des tapsigen Genies charakterisiert, sondern kennen auch gleich sein Umfeld, welches vornehmlich in der Theaterszene der beiden konkurrierenden Bühnen besteht. Klar, daß es da Turbulenzen gibt.

Nach einigem hin und her verliebt sich der Gute endlich in die hübsche Viola (Gwyneth Paltrow) und es entbrennt eine hoffnungsvolle und durch deren Vermählung doch zum jähen Ende bestimmte Romanze, die das Herz des Zuschauers zuweilen erweichen und Shakespeare's Geist zu inspirieren vermag.

Viola will wahre Liebe, keine Romantik, wie man sie in den Theatern findet, sondern das wirkliche Leben, die wirkliche leibhaftige Liebe ... und findet sie bei Shakespeare, einem Träumer, der mit ihr lebt, was er in seinem Drama schreibt, und zu seinem Drama verarbeitet, was er mit ihr lebt.

Somit stricken sie gemeinsam an einem Theaterstück, das die Liebe so darstellt, wie sie wirklich ist, während Madden uns davon verschont, indem er denselben Stoff zu einer unterhaltsamen Komödie macht: mit Verwechslungen, mit einem Helden, mit Liebe, mit Piraten und mit einem Hund, wie eine Komödie dieser Tage eben sein muß, die zwar nicht das reale Leben sein mag, die aber träumen läßt.

"Shakespeare in Love" ist die geträumte Wirklichkeit eines wirklich gewordenen Traums, ein Theaterstück über die Realität des Theaters und das Theater der Realität, in dem die Schauspieler wahrhaftig sind, während ihre Gegner sich hinter Masken verstecken, in dem der Künstler das Leben kennt, während sich die, die es verwalten, seinen Illusionen hingegeben.

Kurzum ist also alles so, wie es im wahren Leben eben ist: was ist, scheint, die Träume aber sind Realität. Und doch lebt dies alles nur innerhalb von 2 Stunden, ist alles nur Licht, das auf eine Leinwand projiziert wird. Also doch alles nichts? Wer weiß. Doch das Gefühl ist so wirklich wie wir selbst und also lieben wir die Träume, in denen wir von Liebe träumen: so vielleicht auch diesen.


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